Feminismus und Technologie

Feminismus und Technologie: Wie Algorithmen Geschlechtervorurteile verstärken

Social Media, Online-Shopping, Google, Navigation, Streaming, Spamfilter,…

Unser vielleicht stetigster Begleiter ist der Algorithmus, aber: Wem ist das Ausmaß dieses scheinbar netten Alltagshelfers bewusst? Der Algorithmus sorgt dafür, dass etwas individuell auf unser Bedürfnis angepasst ist – was im ersten Moment gut klingt. Wir bekommen vorrangig das zu sehen, was uns vermeintlich interessiert. So sollte es zumindest sein. Aber woher weiß ein Algorithmus, was wir gut finden, liegt dieser damit überhaupt richtig und welchen Einfluss hat vorurteilsbehaftete Technik auf unsere Gesellschaft?

Feminismus und Technik – Raum für Fortschritt im Alltag

Feminismus – die soziale, politische und kulturelle Bewegung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern abzubauen und eine Chancengleichheit zu ermöglichen hat, wie wir alle wissen, innerhalb der Bewegung unterschiedliche Strömungen. Einige setzen einen stärkeren Fokus auf rechtliche und politische Gleichheit, während andere die in der Gesellschaft verankerte Unterdrückung der Frau* thematisieren. Feminismus bedeutet Vielfalt,  sowohl in den Forderungen als auch innerhalb der Bewegung. Terfs und Feminismus, der nicht intersektional ist, rücken – zu recht – immer mehr ins negative Spotlight. Denn Feminismus muss für alle da sein; auch für Männer*. Kurzer Exkurs: Genau die brauchen wir im Kampf um Gleichberechtigung in jeder Hinsicht. 

Auch Technologie spielt eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft und hat damit erheblichen Einfluss auf unser alltägliches Leben. Es beginnt bei der Story einer Freund*in auf Instagram, dem neuesten Tiktok-Hype-Rezept oder einer Einladung zu einem Call bei der Arbeit und endet nicht beim Tracking unserer angestrebten 10.000 Schritte am Tag. Technik begleitet nicht, sondern bedeutet Alltag.

Der Zufall wurde abgeschafft. It is what it is. 

Der*die beste Freund*in der Technik ist der Algorithmus. Er bestimmt, welche Inhalte wir auf unserer Explore-Page empfohlen bekommen, welche Routen unser Navi uns vorschlägt und welche die Top-Ergebnisse unserer Suchanfragen sind. Algorithmen erleichtern uns in vielerlei Hinsicht den Alltag und trotzdem stehen wir ihnen manchmal so kritisch gegenüber. Völlig zurecht! 

 

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Der Algorithmus spiegelt das Team hinter sich.

Stereotype sind ebenso wie der technische Fortschritt stetige Begleiter*innen in unserem Leben. Ganz besonders in der digitalen Welt. Nach wie vor arbeiten deutlich weniger weiblich gelesene Personen in der IT-Branche als männlich gelesene. Der Frauen*anteil in Berufen, welche der technischen Forschung und Entwicklung zugeordnet werden, betrug im April 2024 nur etwa 18%. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen dieser Branche wider: Wenn Teams, die Algorithmen entwickeln, nicht divers sind, kommt es zu Einseitigkeit und mangelnder Perspektive bezogen auf das Ergebnis. Wie soll der Algorithmus Vielfalt repräsentieren, wenn seine Entwickler*innen primär Entwickler (yes: MEN*) sind?

Training mit stereotypbasierten Datensätzen

Der Ursprung der geschlechterbezogenen Diskriminierung liegt jedoch nicht nur an der mangelnden Diversität des dahinter stehenden Teams. Viele Algorithmen basieren auf Datensätzen, die historische Ungleichheiten und Vorurteile widerspiegeln. In den Daten werden unterrepräsentierte Gruppen von den Algorithmen reproduziert und folglich verstärkt. Auch Features, die als Auswahlkriterium berücksichtigt werden, können die Ungleichheit verstärken, wenn sie indirekt mit dem Geschlecht korrelieren. Zu solchen Features zählen unter anderem Variablen wie das Gehalt oder andere Faktoren, die durch die Geschlechterungleichheit geprägt sind. Es fängt also schon beim Training der Algorithmen an, dass Stereotype erfasst und in der Anwendung dann reproduziert werden. No Chance für Gleichberechtigung ohne eine Aufarbeitung der Datensätze.

Einflussbereich: unsere Gesellschaft

Die daraus resultierende geschlechterspezifische Diskriminierung betrifft eine Vielzahl unserer Lebensbereiche. Auf dem Arbeitsmarkt werden marginalisierte Geschlechter benachteiligt, wenn Algorithmen Bewerber*innen filtern. Egal ob Algorithmen für Finanzierungsentscheidungen eingesetzt werden oder im Gesundheitswesen Verwendung finden: Sie sind oft auf das männliche* Geschlecht abgestimmt und andere Geschlechter finden weniger Berücksichtigung. Durch algorithmusgesteuerte Werbung wird der Bildungsweg beeinflusst, auch hierbei sorgen die traditionsbehafteten Datensätze für eine Differenzierung bezogen auf Geschlechterklischees in der Berufswahl. In einer sich technisch schnell weiterentwickelnden Gesellschaft wird neben dem ganzen Fortschritt also auch ganz rückschrittlich Geschlechterdiskriminierung weiterentwickelt und bleibt somit ein fester Bestandteil der digitalen Angebote.

Was fehlt zur Technik, die begeistert?

Um Diskriminierung zu vermeiden, ist es besonders entscheidend, Transparenz, Fairness und ein kontinuierliches Überprüfen der Entscheidungsfindung der Algorithmen zu gewährleisten. Auch Diversität im Team der Entwickler*innen wäre von Vorteil, um das Interesse nach Gleichberechtigung aus eigenen Reihen zu stärken, denn natürlich haben wir das Bedürfnis, dass unser eigenes Projekt uns angemessen berücksichtigt. In erster Linie jedoch sollte die Verwendung der Datensätze angepasst werden: Heutige Technologie muss auch mit modernen Daten arbeiten und nicht historisch verankerte Stereotype zu ihrer Grundlage machen. Our thoughts. How about yours?