Big Data, no time?

 

Von der Schnell­igkeit digitaler Inhalte – ein Realitäts­check für die Content­produk­tion.

 

 

Wir scrollen heute in einer Geschwindigkeit, durch die sozialen Medien, in der wir den Post von gerade schon vergessen haben, noch bevor wir beim nächsten angekommen sind. Im Falle von TikTok muss man sich nicht einmal mehr die Anstrengung antun, selbst den Daumen zum Scrollen zu bewegen – das läuft ganz automatisch. 
 
Als Nutzer*innen diverser Plattformen stört viele das nicht weiter. Im Gegenteil: Wir brauchen die Geschwindigkeit, Bedürfnisaufschub ist hier fehl am Platz. Für Creator*innen und Menschen in der Contentproduktion – so wie mich – ist das schnelle Konsumverhalten jedoch alles andere als spaßig. Welcome to my rant über die Schnelllebigkeit digitaler Inhalte. Are you ready? Let’s go!
 
Facebook hat aktuell rund 2,9 Milliarden aktive Nutzer*innen. Instagram 2 Milliarden, TikTok liegt bei rund 1,1 Milliarden aktiven User*innen. 
So weit so gut. 
 
„RivallQ“, ein Unternehmen für Social-Media-Analyse, hat in seinem Benchmark Report von 2023 folgende Zahlen zur Postingfrequenz für Facebook, Instagram und TikTok veröffentlicht: 
Auf Facebook posten User*innen durchschnittlich 5,04 Beiträge pro Woche.
Auf Instagram sind es 4,6 Beiträge.
Auf TikTok laden Nutzer*innen rund 1,75 Videos pro Woche hoch.
 
Ihr könnt euch vielleicht denken, in welche Richtung es geht. Machen wir weiter (der Mathe-Anteil hat gleich ein Ende, versprochen!).
 
Gehen wir davon aus, dass auf Facebook 2,9 Milliarden User*innen in der Woche 5,04 Beiträge hochladen. Das sind 9.200.000.000 Postings in der Woche oder 2.088.000.000 Postings am Tag! Eine ganze Menge. Für Instagram liegen die Zahlen bei 1.314.000.000 Postings pro Tag und auf TikTok werden täglich rund 250.000.000 Videos hochgeladen. 
 
Nehmen wir einmal an, wir sind ein kleiner bis mittelgroßer Account auf Instagram und möchten ein Bild veröffentlichen. Zunächst muss mein Posting an diesem Tag gegen die anderen 1.314.000.000 Postings auf Instagram ankommen. Hier kommt bereits der allseits gefürchtete Algorithmus ins Spiel. Ich möchte hier gar nicht so weit eintauchen, also halten wir uns kurz und knapp: Der Algorithmus entscheidet darüber, welcher Content in welcher Reihenfolge für welche Nutzer*innen ausgespielt wird – und zwar in jedem Bereich der Plattform. Er nutzt dafür sowohl Informationen über den eigentlichen Content, als auch über die Nutzer*innen selbst. 
 
Fun Fact: der Algorithmus berücksichtigt sogar deine Session-Dauer, sprich: wie viel Zeit du durchschnittlich auf der Plattform verbringst. Je kürzer du dich mit Instagram beschäftigst, desto größer wird der Anteil der Postings von Freund*innen und Familie in deinem Feed. Verrückt, oder?
 
Aber zurück zu unserem Post. Hat er es tatsächlich durch den Endgegner Algorithmus in den Feed einer Person geschafft, muss schnell geliefert werden. Und mit schnell meine ich wirklich schnell! Laut einer Metastudie des Forschungsinstituts „eye square“ liegt die Zeit zur Aufmerksamkeitsgewinnung für Content in sozialen Medien bei über der Hälfte der User*innen bei weniger als 2,5 Sekunden. In 2,5 Sekunden wirst du wahrscheinlich nicht einmal diesen Satz gelesen haben. Hat unser Posting selbst diese Hürde überwunden, können wir uns gerne einmal auf die Schulter klopfen. Zur Wahrung unserer guten Laune lassen wir an dieser Stelle weitere erschwerende Faktoren wie stetig wechselnde Trends oder sich änderndes Konsumverhalten der jüngeren Generationen besser einmal weg. Long story short: Unser Posting musste sich gegen Milliarden anderer Beiträge durchsetzen, mit dem Algorithmus kämpfen und schließlich um die unheimlich kurze Aufmerksamkeitsspanne der Nutzer*innen buhlen. Da stellen sich Menschen wie ich, die täglich damit beschäftigt sind, Content zu produzieren, automatisch die Frage: what the f*ck?! Nein, ehrlich: Wie viel Zeit lohnt es sich überhaupt noch in die Contenterstellung zu investieren, wenn die Chance, dass mein Content möglichst vielen Menschen ausgespielt (und auch wahrgenommen wird) immer stetiger gegen 0 geht? Let’s be honest, Motivation geht anders.
 
Bevor bei mir und meinen Kolleg*innen an dieser Stelle Frustration ausbricht, die gute Nachricht: Es gibt einen Silberstreif am Horizont! Ja, die Masse an Content auf Social Media erschwert einiges. Ja, der Algorithmus macht einem gern einen Strich durch die Rechnung. Ja, das schnellebige Konsumverhalten mindert den Wert von einzelnem Content. Ja, hard times. Aber das führt – meiner Meinung nach – nicht zu einem Blow Up der Plattformen, auch wenn sich das nach einer logischen Schlussfolgerung anhört. Im Gegenteil, das Nutzungsverhalten auf den Sozialen Plattformen durchläuft lediglich stetigen Veränderungen. Und für uns heißt das: mitziehen! Und nicht höher, schneller, weiter, sondern mit Plan und Aufgeschlossenheit. Für mich resultiert das Ganze darin, sich an ein paar Spielregeln zu halten, die wir in der Theorie durchaus kennen, in der Praxis aber gern einmal untergehen. Auf meinem Spickzettel stehen daher folgende vier Goldregeln, die mich durch einen Tag voller Contenterstellung bringen.

 

1. Back to the roots!

 

Es hilft immer, immer and I mean IMMER, sich zurück auf das Wesentliche zu besinnen. Besonders in einer Agentur. So back to the roots! Wir dürfen uns gern einmal daran erinnern, dass unser Content nicht von jeder/jedem gesehen werden muss und auch nicht soll. Wir und viele unserer Kund*innen agieren in ihrer eigenen Nische, in der wir auch gern bleiben dürfen. Wir kreieren nicht einfach Content für so viele Menschen wie möglich, sondern für diejenigen, auf die er passt – und die ihn sehen sollen. Das wissen wir alle, aber oftmals hilft bereits der Blick zurück.

2. Combination is key

Wir wollen das Meiste aus unseren erstellten Inhalten rausholen. Es ergibt also immer Sinn, mehrere Plattformen zu bespielen. Ein erstellter Content kann für mehrere Zwecke (beziehungsweise für mehrere Plattfomen) genutzt werden – aber nur wenn er in Tonalität und Look & Feel auch zu mehreren passt. Besser? Wir recyceln und nutzen ihn abgeändert oder in anderer Aufbereitung für weniger verwandte Plattformen, wie LinkedIn und Co. 

Das gilt auch für Contentvariationen innerhalb einer Plattform. Paradebeispiel Instagram: Hier gibt es Reels, Bildpostings, Stories, Live und jetzt auch Threads. They are here for us to use! Don’t just stick to your format of choice. Auch logisch, wird aber gern einmal vergessen.

3. Sharing is caring

Sowohl für uns als Agentur als auch für unsere Kund*innen bieten Collabs die Möglichkeit, mehr ins Sichtfeld von relevanten User*innen zu rücken. Für uns als Agentur heißt das, mit wem arbeiten wir gern zusammen? Welche Projekte von anderen Artists, Creator*innen, Unternehmen, etc. finden wir toll? Was könnte man gemeinsam auf die Beine stellen? Das gilt nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kund*innen. Find someone who shares your interests (and target group!).

4. So wenig wie möglich, so viel wie nötig

Let’s face it. Es kann gut sein, dass trotz aller Bemühungen unser Content nicht immer das erzielt, was wir gern hätten. Besonders in einer Agentur, die wettbewerbsfähig bleiben muss gilt daher: so wenig wie möglich und so viel wie nötig, um effizient zu bleiben. Für die Content Creation heißt das also, es sind nicht immer aufwendige Prozesse mit Photoshop und Co. nötig. Wir vereinfachen uns die Contenterstellung so gut es geht. Hier bieten sich Programme wie Canva an, mit ready to use Vorlagen als Inspiration. Auch AI kann hier echte Hilfe leisten. Was die Beta Version von Photoshop kann, haben die meisten vielleicht schon gesehen. Aber auch Programme wie Canva, Chat GPT, Midjourney und Co. können uns in den ersten Zügen (!) mit künstlicher Intelligenz einiges an Arbeit (und Zeit) ersparen. 

Long story short: vieles im Social-Media-Kosmos verändert sich (and that might suck). Ich sehe es aber vielmehr als eine Chance, in der man sowohl persönlich, als auch gemeinsam als Agentur, die Möglichkeit hat, sich einer Herausforderung zu stellen, und auf dem Weg so einiges zu lernen. Und genau das brauchen wir. Wir wollen keinen Stillstand, wir wollen Neues, wir wollen innovativ und anders denken und wir wollen vor allem eins: uns weiterentwickeln und weiterkommen. 

Als Agentur passen wir uns Veränderungen an, wachsen mit neuen Chancen und eignen uns unterstützende Möglichkeiten an. And I think that’s beautiful. 🙂